(Präambel)
[GETRAGEN VON DER VERANTWORTUNG, der ganzen deutschen
Nation den Weg in eine Zukunft des Friedens und des Sozialismus zu weisen,
in Ansehung der geschichtlichen Tatsache, daß der
Imperialismus unter Führung der USA im Einvernehmen mit Kreisen des
westdeutschen Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, um Westdeutschland
zu einer Basis des Imperialismus und des Kampfes gegen den Sozialismus
aufzubauen, was den Lebensinteressen der Nation widerspricht,
hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik,
fest gegründet auf den Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen
und der sozialistischen Umwälzung der gesellschaftlichen Ordnung,
einig in seinen werktätigen Klassen und Schichten
das Werk der Verfassung vom 7. Oktober 1949 in ihrem Geiste weiterführend
und von dem Willen erfüllt, den Weg des Friedens,
der sozialen Gerechtigkeit, der Demokratie, des Sozialismus und der Völkerfreundschaft
in freier Entscheidung unbeirrt weiterzugehen,
diese sozialistische Verfassung gegeben.]
(In Fortsetzung der revolutionären Traditionen der deutschen
Arbeiterklasse und gestützt auf die Befreiung vom Faschismus hat das
Volk der Deutschen Demokratischen Republik in Übereinstimmung mit
den Prozessen der geschichtlichen Entwicklung unserer Epoche sein Recht
auf sozial-ökonomische, staatliche und nationale Selbstbestimmung
verwirklicht und gestaltet die entwickelte sozialistische Gesellschaft.
Erfüllt von dem Willen, seine Geschicke frei zu bestimmen,
unbeirrt auch weiter den Weg des Sozialismus und Kommunismus, des Friedens,
der Demokratie und Völkerfreundschaft zu gehen, hat sich das Volk
der Deutschen Demokratischen Republik diese sozialistische Verfassung gegeben.)
Abschnitt I
Grundlagen der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung
Kapitel 1
Politische Grundlagen
Artikel 1
Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer
Staat [deutscher Nation.] der Arbeiter und Bauern. Sie ist die politische
Organisation der Werktätigen in Stadt und Land [, die gemeinsam]
unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen
Partei. [den Sozialismus verwirklichen.]
Die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik ist
Berlin.
Die Staatsflagge der Deutschen Demokratischen Republik besteht
aus den Farben Schwarz-Rot-Gold und trägt auf beiden Seiten in der
Mitte das Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik.
Das Staatswappen der Deutschen Demokratischen Republik besteht
aus Hammer und Zirkel, umgeben von einem Ährenkranz, der im unteren
Teil von einem schwarz-rot-goldenen Band umschlungen ist.
Artikel 2
(1) Alle politische Macht in der Deutschen Demokratischen
Republik wird von den Werktätigen (in Stadt und Land) ausgeübt.
Der Mensch steht im Mittelpunkt aller Bemühungen der sozialistischen
Gesellschaft und ihres Staates. [Das gesellschaftliche System des Sozialismus
wird ständig vervollkommnet.] (Die weitere Erhöhung des materiellen
und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen
Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der
Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des
Wachstums der Arbeitsproduktivität ist die entscheidende Aufgabe der
entwickelten sozialistischen Gesellschaft.)
(2) Das feste Bündnis der Arbeiterklasse mit der Klasse
der Genossenschaftsbauern, den Angehörigen der Intelligenz und den
anderen Schichten des Volkes, das sozialistische Eigentum an Produktionsmitteln,
die [Planung und Leitung] (Leitung und Planung) der gesellschaftlichen
Entwicklung nach den fortgeschrittensten Erkenntnissen der Wissenschaft
bilden unantastbare Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung.
(3) Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist für
immer beseitigt. Was des Volkes Hände schaffen, ist des Volkes Eigen.
Das sozialistische Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach
seiner Leistung" wird verwirklicht.
[4 Die Übereinstimmung der politischen, materiellen und kulturellen
Interessen der Werktätigen und ihrer Kollektive mit den gesellschaftlichen
Erfordernissen ist die wichtigste Triebkraft der sozialistischen Gesellschaft.]
Artikel 3
(1) Das Bündnis aller Kräfte des Volkes findet
in der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik seinen organisierten
Ausdruck.
(2) In der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen
Republik vereinigen die Parteien und Massenorganisationen alle Kräfte
des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der sozialistischen
Gesellschaft. Dadurch verwirklichen sie das Zusammenleben aller Bürger
in der sozialistischen Gemeinschaft nach dem Grundsatz, daß jeder
Verantwortung für das Ganze trägt.
Artikel 4
Alle Macht dient dem Wohle des Volkes. Sie sichert sein friedliches
Leben, schützt die sozialistische Gesellschaft und gewährleistet
[die planmäßige Steigerung des Lebensstandards, ] (die
sozialistische Lebensweise der Bürger,) die freie Entwicklung des
Menschen, wahrt seine Würde und garantiert die in dieser Verfassung
verbürgten Rechte.
Artikel 5
(1) Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
üben ihre politische Macht durch demokratisch gewählte Volksvertretungen
aus.
(2) Die Volksvertretungen sind die Grundlage des Systems
der Staatsorgane. Sie stützen sich in ihrer Tätigkeit auf die
aktive Mitgestaltung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung
und Kontrolle ihrer Entscheidungen.
(3) Zu keiner Zeit und unter keinen Umständen können
andere als die verfassungsmäßig vorgesehenen Organe staatliche
Macht ausüben.
Artikel 6
(1) Die Deutsche Demokratische Republik hat getreu den Interessen
des [deutschen] Volkes und [der internationalen Verpflichtung
aller Deutschen] (den internationalen Verpflichtungen) auf ihrem Gebiet
den deutschen Militarismus und Nazismus ausgerottet (.)
[und]
(Sie)
betreibt eine dem [Frieden und dem Sozialismus] (Sozialismus und
dem Frieden), der Völkerverständigung und der Sicherheit dienende
Außenpolitik.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik
[pflegt und entwickelt
entsprechend den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus die
allseitige Zusammenarbeit und Freundschaft] (ist für immer und
unwiderruflich) mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (verbündet.)
[und den anderen sozialistischen Staaten.] (Das enge und brüderliche
Bündnis mit ihr garantiert dem Volk der Deutschen Demokratischen Republik
das weitere Voranschreiten auf dem Wege des Sozialismus und des Friedens.)
(Die Deutsche Demokratische Republik ist untrennbarer Bestandteil
der sozialistischen Staatengemeinschaft. Sie trägt getreu den Prinzipien
des sozialistischen Internationalismus zu ihrer Stärkung bei, pflegt
und entwickelt die Freundschaft, die allseitige Zusammenarbeit und den
gegenseitigen Beistand mit allen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft.)
(3) Die Deutsche Demokratische Republik unterstützt
[die Bestrebungen der] (die Staaten und) Völker(,)
[ nach
Freiheit und Unabhängigkeit] (die gegen den Imperialismus und
sein Kolonialregime, für nationale Freiheit und Unabhängigkeit
kämpfen, in ihrem Ringen um gesellschaftlichen Fortschritt. Die Deutsche
Demokratische Republik tritt für die Verwirklichung der Prinzipien
der friedlichen Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung
ein) und pflegt auf der Grundlage der Gleichberechtigung und gegenseitigen
Achtung die Zusammenarbeit mit allen Staaten.
(4) Die Deutsche Demokratische Republik
[erstrebt ein
System der kollektiven Sicherheit] (setzt sich für Sicherheit
und Zusammenarbeit) in Europa(, für) [und] eine stabile Friedensordnung
in der Welt[. Sie setzt sich] (und) für die allgemeine Abrüstung
ein.
(5) Militaristische und revanchistische Propaganda in jeder
Form, Kriegshetze und Bekundung von Glaubens-, Rassen- und Völkerhaß
werden als Verbrechen geahndet.
Artikel 7
(1) Die Staatsorgane gewährleisten die [Unantastbarkeit
des Staatsgebietes] (territoriale Integrität) der Deutschen Demokratischen
Republik (und die Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenzen) einschließlich
[des] (ihres) Luftraumes und
[der]
(ihrer) Territorialgewässer
sowie den Schutz und die Nutzung [des]
(ihres) Festlandsockels.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik organisiert die Landesverteidigung
sowie den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens
der Bürger. Die Nationale Volksarmee und die anderen Organe der Landesverteidigung
schützen die sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen alle
Angriffe von außen. Die Nationale Volksarmee pflegt im Interesse
der Wahrung des Friedens und der Sicherung des sozialistischen Staates
enge Waffenbrüderschaft mit den Armeen der Sowjetunion und anderer
sozialistischer Staaten.
Artikel 8
(1) Die allgemein anerkannten, dem Frieden und der friedlichen
Zusammenarbeit der Völker dienenden Regeln des Völkerrechts sind
für die Staatsmacht und jeden Bürger verbindlich.
((2)) Die Deutsche Demokratische Republik wird niemals einen
Eroberungskrieg unternehmen oder ihre Streitkräfte gegen die Freiheit
eines anderen Volkes einsetzen.
[2 Die Herstellung und Pflege normaler Beziehungen und die Zusammenarbeit
der beiden deutschen Staaten auf der Grundlage der Gleichberechtigung sind
nationales Anliegen der Deutschen demokratischen Republik. Die Deutsche
Demokratische Republik und ihre Bürger erstreben darüberhinaus
die Überwindung der vom Imperialismus der deutschen Nation aufgezwungenen
Spaltung Deutschlands, die schrittweise Annäherung der beiden deutschen
Staaten bis zu ihrer Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des
Sozialismus.]
Kapitel 2
Ökonomische Grundlagen, Wissenschaft, Bildung und Kultur
Artikel 9
(1) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik
beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie
entwickelt sich gemäß den ökonomischen Gesetzen des Sozialismus
auf der Grundlage der sozialistischen Produktionsverhältnisse( und
der zielstrebigen Verwirklichung der sozialistischen ökonomischen
Integration). [Die sozialistischen Produktionsverhältnisse entstanden
als Ergebnis des Kampfes gegen das monopolkapitalistische Wirtschaftssystem,
dessen aggressive und abenteuerliche Politik der deutschen Nation bisher
nur Unglück gebracht hat. Durch die Entmachtung der Monopole und Großgrundbesitzer,
durch die Abschaffung der kapitalistischen Profitwirtschaft wurde die Quelle
der Kriegspolitik und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt.]
(2) Die Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik
dient der Stärkung der sozialistischen Ordnung, der ständig besseren
Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger,
der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihrer sozialistischen gesellschaftlichen
Beziehungen.
(3) In der Deutschen Demokratischen Republik gilt der Grundsatz
der [Planung und Leitung] (Leitung und Planung) der Volkswirtschaft
sowie aller anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die Volkswirtschaft der
Deutschen Demokratischen Republik ist sozialistische Planwirtschaft. [Das
ökonomische System des Sozialismus verbindet die] (Die) zentrale
staatliche [Planung und Leitung] (Leitung und Planung) der Grundfragen
der gesellschaftlichen Entwicklung (ist) mit der Eigenverantwortung [der
sozialistischen Warenproduzenten und] der örtlichen Staatsorgane(
und Betriebe sowie der Initiative der Werktätigen verbunden).
(4) Die Festlegung des Währungs- und Finanzsystems ist
Sache des sozialistischen Staates. Abgaben und Steuern werden auf der Grundlage
von Gesetzen erhoben.
(5) Die Außenwirtschaft einschließlich des Außenhandels
und der Valutawirtschaft ist staatliches Monopol.
Artikel 10
(1) Das sozialistische Eigentum besteht als gesamtgesellschaftliches
Volkseigentum, als genossenschaftliches Gemeineigentum werktätiger
Kollektive sowie als Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger.
(2) Das sozialistische Eigentum zu schützen und zu mehren
ist Pflicht des sozialistischen Staates und seiner Bürger.
Artikel 11
(1) Das persönliche Eigentum der Bürger und das
Erbrecht sind gewährleistet. Das persönliche Eigentum dient der
Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bürger.
(2) Die Rechte von Urhebern und Erfindern genießen
den Schutz des sozialistischen Staates.
(3) Der Gebrauch des Eigentums sowie von Urheber- und Erfinderrechten
darf den Interessen der Gesellschaft nicht zuwiderlaufen.
Artikel 12
(1) Die Bodenschätze, die Bergwerke, Kraftwerke, Talsperren
und großen Gewässer, die Naturreichtümer des Festlandsockels,
[größere] Industriebetriebe, Banken und Versicherungseinrichtungen,
die volkseigenen Güter, die Verkehrswege, die Transportmittel der
Eisenbahn, der Seeschiffahrt sowie der Luftfahrt, die Post- und Fernmeldeanlagen
sind Volkseigentum. Privateigentum daran ist unzulässig.
(2) Der sozialistische Staat gewährleistet die Nutzung
des Volkseigentums mit dem Ziel des höchsten Ergebnisses für
die Gesellschaft. Dem dienen die sozialistische Planwirtschaft und das
sozialistische Wirtschaftsrecht. Die Nutzung und Bewirtschaftung des Volkseigentums
erfolgt grundsätzlich durch die volkseigenen Betriebe und staatlichen
Einrichtungen Seine Nutzung und Bewirtschaftung kann der Staat durch Verträge
genossenschaftlichen oder gesellschaftlichen Organisationen und Vereinigungen
übertragen. Eine solche Übertragung hat den Interessen der Allgemeinheit
und der Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums zu dienen.
Artikel 13
Die Geräte, Maschinen, Anlagen, Bauten der landwirtschaftlichen,
handwerklichen und sonstigen sozialistischen Genossenschaften sowie die
Tierbestände der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
und das aus genossenschaftlicher Nutzung des Bodens sowie genossenschaftlicher
Produktionsmittel erzielte Ergebnis sind genossenschaftliches Eigentum.
Artikel 14
[1 Die Nutzung und der Betrieb privater Wirtschaftsunternehmen
und -einrichtungen zu Erwerbszwecken müssen gesellschaftliche Bedürfnisse
befriedigen, der Erhöhung des Volkswohlstandes und der Mehrung des
gesellschaftlichen Reichtums dienen.
2 Das enge Zusammenwirken von sozialistischen mit privaten
Wirtschaftsunternehmen und -einrichtungen wird vom Staat gefördert.
In Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Erfordernissen können
private Betriebe auf Antrag staatliche Beteiligung aufnehmen.]
[3]((1)) Privatwirtschaftliche Vereinigungen
zur Begründung wirtschaftlicher Macht sind nicht gestattet.
((2) Die auf überwiegend persönlicher Arbeit beruhenden
kleinen Handwerks- und anderen Gewerbebetriebe sind auf gesetzlicher Grundlage
tätig. In der Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die sozialistische
Gesellschaft werden sie vom Staat gefördert.)
Artikel 15
(1) Der Boden der Deutschen Demokratischen Republik gehört
zu ihren kostbarsten Naturreichtümern. Er muß geschützt
und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Boden
darf nur mit Zustimmung der verantwortlichen staatlichen Organe seiner
Zweckbestimmung entzogen werden.
(2) Im Interesse des Wohlergehens der Bürger sorgen
Staat und Gesellschaft für den Schutz der Natur. Die Reinhaltung der
Gewässer und der Luft sowie der Schutz der Pflanzen- und Tierwelt
und der landschaftlichen Schönheiten der Heimat sind durch die zuständigen
Organe zu gewährleisten und sind darüber hinaus auch Sache jedes
Bürgers.
Artikel 16
Enteignungen sind nur für gemeinnützige Zwecke
auf gesetzlicher Grundlage und gegen angemessene Entschädigung zulässig.
Sie dürfen nur erfolgen, wenn auf andere Weise der angestrebte gemeinnützige
Zweck nicht erreicht werden kann.
Artikel 17
(1) [Wissenschaft und Fortschritt sowie die Anwendung
ihrer Erkenntnisse sind wesentliche Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft
und werden durch den Staat allseitig gefördert.] (Die Deutsche
Demokratische Republik fördert Wissenschaft, Forschung und Bildung
mit dem Ziel, die Gesellschaft und das Leben der Bürger zu schützen
und zu bereichern. Dem dient die Vereinigung der wissenschaftlich-technischen
Revolution mit den Vorzügen des Sozialismus.)
(2) Mit dem einheitlichen sozialistischen Bildungssystem
sichert die Deutsche Demokratische Republik allen Bürgern eine den
ständig steigenden gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechende
hohe Bildung. Sie befähigt die Bürger, die sozialistische Gesellschaft
zu gestalten und an der Entwicklung der sozialistischen Demokratie schöpferisch
mitzuwirken.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik fördert Wissenschaft
und Bildung mit dem Ziel, die Gesellschaft und das Leben der Bürger
zu schützen und zu bereichern, die wissenschaftlich-technische Revolution
zu meistern sowie den ständigen Fortschritt der sozialistischen Gesellschaft
zu gewährleisten.]
[4 ] Jeder gegen
den Frieden, die Völkerverständigung, gegen das Leben und die
Würde des Menschen gerichtete Mißbrauch der Wissenschaft ist
verboten.
Artikel 18
(1) Die sozialistische Nationalkultur gehört zu den
Grundlagen der sozialistischen Gesellschaft. Die Deutsche Demokratische
Republik fördert und schützt die sozialistische Kultur, die dem
Frieden, dem Humanismus und der Entwicklung der sozialistischen
[Menschengemeinschaft]
(Gesellschaft)
dient. Sie bekämpft die imperialistische Unkultur, die der psychologischen
Kriegführung und der Herabwürdigung des Menschen dient. Die sozialistische
Gesellschaft fördert das kulturvolle Leben der Werktätigen, pflegt
alle humanistischen Werte des nationalen Kulturerbes und der Weltkultur
und entwickelt die sozialistische Nationalkultur als Sache des ganzen Volkes.
(2) Die Förderung der Künste, der künstlerischen
Interessen und Fähigkeiten aller Werktätigen und die Verbreitung
künstlerischer Werke und Leistungen sind Obliegenheiten des Staates
und aller gesellschaftlichen Kräfte. Das künstlerische Schaffen
beruht auf einer engen Verbindung der Kulturschaffenden mit dem Leben des
Volkes.
(3) Körperkultur, Sport und Touristik als Elemente der
sozialistischen Kultur dienen der allseitigen körperlichen und geistigen
Entwicklung der Bürger.
Abschnitt II
Bürger und Gemeinschaften in der sozialistischen Gesellschaft
Kapitel 1
Grundrechte und Grundpflichten der Bürger
Artikel 19
(1) Die Deutsche Demokratische Republik garantiert allen
Bürgern die Ausübung ihrer Rechte und ihre Mitwirkung an der
Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie gewährleistet die
sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit.
(2) Achtung und Schutz der Würde und Freiheit der Persönlichkeit
sind Gebot für alle staatlichen Organe, alle gesellschaftlichen Kräfte
und jeden einzelnen Bürger.
(3) Frei von Ausbeutung, Unterdrückung und wirtschaftlicher
Abhängigkeit hat jeder Bürger gleiche Rechte und vielfältige
Möglichkeiten, seine Fähigkeiten in vollem Umfange zu entwickeln
und seine Kräfte aus freiem Entschluß zum Wohle der Gesellschaft
und zu seinem eigenen Nutzen in der sozialistischen Gemeinschaft ungehindert
zu entfalten. So verwirklicht er Freiheit und Würde seiner Persönlichkeit.
Die Beziehungen der Bürger werden durch gegenseitige Achtung und Hilfe,
durch die Grundsätze sozialistischer Moral geprägt.
(4) Die Bedingungen für den Erwerb und den Verlust der
Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik werden durch
Gesetz bestimmt.
Artikel 20
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat unabhängig von seiner Nationalität, seiner Rasse, seinem
weltanschaulichen oder religiösen Bekenntnis, seiner sozialen Herkunft
und Stellung die gleichen Rechte und Pflichten. Gewissens- und Glaubensfreiheit
sind gewährleistet. Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben die gleiche
Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und
persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der
beruflichen Qualifizierung, ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe.
(3) Die Jugend wird in ihrer gesellschaftlichen und beruflichen
Entwicklung besonders gefördert. Sie hat alle Möglichkeiten,
an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung verantwortungsbewußt
teilzunehmen.
Artikel 21
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Leben der sozialistischen Gemeinschaft und des sozialistischen Staates
umfassend mitzugestalten. Es gilt der Grundsatz "Arbeite mit, plane mit,
regiere mit!".
(2) Das Recht auf Mitbestimmung und Mitgestaltung ist dadurch
gewährleistet, daß die Bürger
alle Machtorgane demokratisch wählen, an ihrer Tätigkeit
und an der Leitung, Planung und Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens
mitwirken;
Rechenschaft von den Volksvertretungen, ihren Abgeordneten,
den Leitern staatlicher und wirtschaftlicher Organe über ihre Tätigkeit
fördern können;
mit der Autorität ihrer gesellschaftlichen Organisationen
ihrem Wollen und ihren Forderungen Ausdruck geben;
sich mit ihren Anliegen und Vorschlägen an die gesellschaftlichen,
staatlichen und wirtschaftlichen Organe und Einrichtungen wenden können;
in Volksabstimmungen ihren Willen bekunden.
(3) Die Verwirklichung dieses Rechts der Mitbestimmung und
Mitgestaltung ist zugleich eine hohe moralische Verpflichtung für
jeden Bürger.
Die Ausübung gesellschaftlicher oder staatlicher Funktionen
findet die Anerkennung und Unterstützung der Gesellschaft und des
Staates.
Artikel 22
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik,
der am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet hat, ist wahlberechtigt.
(2) Jeder Bürger kann (in die Volkskammer und) in die
örtlichen Volksvertretungen gewählt werden, wenn er am Wahltage
das 18. Lebensjahr vollendet hat. [Er kann in die Volkskammer
gewählt werden, wenn er am Wahltage das 21. Lebensjahr vollendet hat.]
(3) Die Leitung der Wahlen durch demokratisch gebildete Wahlkommissionen,
die Volksaussprache über die Grundfragen der Politik und die Aufstellung
und Prüfung der Kandidaten durch die Wähler sind unverzichtbare
sozialistische Wahlprinzipien.
Artikel 23
(1) Der Schutz des Friedens und des sozialistischen Vaterlandes
und seiner Errungenschaften ist Recht und Ehrenpflicht der Bürger
der Deutschen Demokratischen Republik. Jeder Bürger ist zum Dienst
und zu Leistungen für die Verteidigung der Deutschen Demokratischen
Republik entsprechend den Gesetzen verpflichtet.
(2) Kein Bürger darf an kriegerischen Handlungen und
ihrer Vorbereitung teilnehmen, die der Unterdrückung eines Volkes
dienen.
(3) Die Deutsche Demokratische Republik kann Bürgern
anderer Staaten oder Staatenlosen Asyl gewähren, wenn sie wegen politischer,
wissenschaftlicher oder kultureller Tätigkeit zur Verteidigung des
Friedens, der Demokratie, der Interessen des werktätigen Volkes oder
wegen ihrer Teilnahme am sozialen und nationalen Befreiungskampf verfolgt
werden.
Artikel 24
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Arbeit. Er hat das Recht auf einen Arbeitsplatz und dessen
freie Wahl entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen und der persönlichen
Qualifikation. Er hat das Recht auf Lohn nach Qualität und Quantität
der Arbeit. Mann und Frau, Erwachsene und Jugendliche haben das Recht auf
gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung.
(2) Gesellschaftlich nützliche Tätigkeit ist eine
ehrenvolle Pflicht für jeden arbeitsfähigen Bürger. Das
Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit bilden eine Einheit.
(3) Das Recht auf Arbeit wird gewährleistet durch das
sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln; durch die sozialistische
[Planung und Leitung] (Leitung und Planung) des gesellschaftlichen
Reproduktionsprozesses; durch das stetige und planmäßige Wachstum
der sozialistischen Produktivkräfte und der Arbeitsproduktivität;
durch die konsequente Durchführung der wissenschaftlich-technischen
Revolution; durch ständige Bildung und Weiterbildung der Bürger
und durch das einheitliche sozialistische Arbeitsrecht.
Artikel 25
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das gleiche Recht auf Bildung. Die Bildungsstätten stehen jedermann
offen. Das einheitliche sozialistische Bildungssystem gewährleistet
jedem Bürger eine kontinuierliche sozialistische Erziehung, Bildung
und Weiterbildung.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik sichert das Voranschreiten
des Volkes zur sozialistischen Gemeinschaft allseitig gebildeter und harmonisch
entwickelter Menschen, die vom Geist des sozialistischen Patriotismus und
Internationalismus durchdrungen sind und über eine hohe Allgemeinbildung
und Spezialbildung verfügen.
(3) Alle Bürger haben das Recht auf Teilnahme am kulturellen
Leben. Es erlangt unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen
Revolution und der Erhöhung der geistigen Anforderungen wachsende
Bedeutung. Zur vollständigen Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit
und zur wachsenden Befriedigung der kulturellen Interessen und Bedürfnisse
wird die Teilnahme der Bürger am kulturellen Leben, an der Körperkultur
und am Sport durch den Staat und die Gesellschaft gefördert.
(4) In der Deutschen Demokratischen Republik besteht allgemeine
zehnjährige Oberschulpflicht, die durch den Besuch der zehnklassigen
allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zu erfüllen ist. In
bestimmten Fällen kann die Oberschulbildung in den Einrichtungen der
Berufsausbildung oder der Aus- und Weiterbildung der Werktätigen beendet
werden. Alle Jugendlichen haben das Recht und die Pflicht. einen Beruf
zu erlernen.
(5) Für Kinder und Erwachsene mit psychischen und physischen
Schädigungen bestehen Sonderschul- und -ausbildungseinrichtungen.
(6) Die Lösung dieser Aufgaben wird durch den Staat
und alle gesellschaftlichen Kräfte in gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsarbeit
gesichert.
Artikel 26
(1) Der Staat sichert die Möglichkeit des Übergangs
zur nächsthöheren Bildungsstufe bis zu den höchsten Bildungsstätten,
den Universitäten und Hochschulen, entsprechend dem Leistungsprinzip,
den gesellschaftlichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung der
sozialen Struktur der Bevölkerung.
(2) Es besteht Schulgeldfreiheit. Ausbildungsbeihilfen und
Lernmittelfreiheit werden nach sozialen Gesichtspunkten gewährt.
(3) Direktstudenten an den Universitäten, Hoch- und
Fachschulen sind von Studiengebühren befreit.
Stipendien und Studienbeihilfen werden nach sozialen Gesichtspunkten
und nach Leistung gewährt.
Artikel 27
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, den Grundsätzen dieser Verfassung gemäß
seine Meinung frei und öffentlich zu äußern. Dieses Recht
wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt. Niemand
darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens
ist gewährleistet.
Artikel 28
(1) Alle Bürger haben das Recht, sich im Rahmen der
Grundsätze und Ziele der Verfassung friedlich zu versammeln.
(2) Die Nutzung der materiellen Voraussetzungen zur unbehinderten
Ausübung dieses Rechts, der Versammlungsgebäude, Straßen
und Kundgebungsplätze, Druckereien und Nachrichtenmittel wird gewährleistet.
Artikel 29
Die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik haben
das Recht auf Vereinigung, um durch gemeinsames Handeln in politischen
Parteien, gesellschaftlichen Organisationen, Vereinigungen und Kollektiven
ihre Interessen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Zielen
der Verfassung zu verwirklichen.
Artikel 30
(1) Die Persönlichkeit und Freiheit jedes Bürgers
der Deutschen Demokratischen Republik sind unantastbar.
(2) Einschränkungen sind nur im Zusammenhang mit strafbaren
Handlungen oder einer Heilbehandlung zulässig und müssen gesetzlich
begründet sein. Dabei dürfen die Rechte solcher Bürger nur
insoweit eingeschränkt werden, als dies gesetzlich zulässig und
unumgänglich ist.
(3) Zum Schutze seiner Freiheit und der Unantastbarkeit seiner
Persönlichkeit hat jeder Bürger den Anspruch auf die Hilfe der
staatlichen und gesellschaftlichen Organe.
Artikel 31
(1) Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzbar.
(2) Sie dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt
werden, wenn es die Sicherheit des sozialistischen Staates oder eine strafrechtliche
Verfolgung erfordern.
Artikel 32
Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat
im Rahmen der Gesetze das Recht auf Freizügigkeit innerhalb des Staatsgebietes
der Deutschen Demokratischen Republik.
Artikel 33
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat bei Aufenthalt außerhalb der Deutschen Demokratischen Republik
Anspruch auf Rechtsschutz durch die Organe der Deutschen Demokratischen
Republik.
(2) Kein Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
darf einer auswärtigen Macht ausgeliefert werden.
Artikel 34
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Freizeit und Erholung.
(2) Das Recht auf Freizeit und Erholung wird gewährleistet
durch die gesetzliche Begrenzung der täglichen und wöchentlichen
Arbeitszeit,
durch einen vollbezahlten Jahresurlaub und
durch den planmäßigen Ausbau des Netzes volkseigener
und anderer gesellschaftlicher Erholungs- und Urlaubszentren.
Artikel 35
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Schutz seiner Gesundheit und seiner Arbeitskraft.
(2) Dieses Recht wird durch die planmäßige Verbesserung
der Arbeits- und Lebensbedingungen, die Pflege der Volksgesundheit, eine
umfassende Sozialpolitik, die Förderung der Körperkultur, des
Schul- und Volkssports und der Touristik gewährleistet.
(3) Auf der Grundlage eines sozialen Versicherungssystems
werden bei Krankheit und Unfällen materielle Sicherheit, unentgeltliche
ärztliche Hilfe, Arzneimittel und andere medizinische Sachleistungen
gewährt.
Artikel 36
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Fürsorge der Gesellschaft im Alter und bei Invalidität.
(2) Dieses Recht wird durch eine steigende materielle, soziale
und kulturelle Versorgung und Betreuung alter und arbeitsunfähiger
Bürger gewährleistet.
Artikel 37
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht auf Wohnraum für sich und seine Familie entsprechend
den volkswirtschaftlichen Möglichkeiten und örtlichen Bedingungen.
Der Staat ist verpflichtet, dieses Recht durch die Förderung des Wohnungsbaus,
die Werterhaltung vorhandenen Wohnraumes und die öffentliche Kontrolle
über die gerechte Verteilung des Wohnraumes zu verwirklichen.
(2) Es besteht Rechtsschutz bei Kündigungen.
(3) Jeder Bürger hat das Recht auf Unverletzbarkeit
seiner Wohnung.
Artikel 38
(1) Ehe, Familie und Mutterschaft stehen unter dem besonderen
Schutz des Staates.
Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat
das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seiner Ehe und Familie.
(2) Dieses Recht wird durch die Gleichberechtigung von Mann
und Frau in Ehe und Familie, durch die gesellschaftliche und staatliche
Unterstützung der Bürger bei der Festigung und Entwicklung ihrer
Ehe und Familie gewährleistet. Kinderreichen Familien, alleinstehenden
Müttern und Vätern gilt die Fürsorge und Unterstützung
des sozialistischen Staates durch besondere Maßnahmen.
(3) Mutter und Kind genießen den besonderen Schutz
des sozialistischen Staates. Schwangerschaftsurlaub, spezielle medizinische
Betreuung, materielle und finanzielle Unterstützung bei Geburten und
Kindergeld werden gewährt.
(4) Es ist das Recht und die vornehmste Pflicht der Eltern,
ihre Kinder zu gesunden und lebensfrohen, tüchtigen und allseitig
gebildeten Menschen, zu staatsbewußten Bürgern zu erziehen.
Die Eltern haben Anspruch auf ein enges und vertrauensvolles Zusammenwirken
mit den gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungs- und Bildungseinrichtungen.
Artikel 39
(1) Jeder Bürger der Deutschen Demokratischen Republik
hat das Recht, sich zu einem religiösen Glauben zu bekennen und religiöse
Handlungen auszuüben.
(2) Die Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften ordnen
ihre Angelegenheiten und üben ihre Tätigkeit aus in Übereinstimmung
mit der Verfassung und den gesetzlichen Bestimmungen der Deutschen Demokratischen
Republik. Näheres kann durch Vereinbarungen geregelt werden.
Artikel 40
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik sorbischer
Nationalität haben das Recht zur Pflege ihrer Muttersprache und Kultur.
Die Ausübung dieses Rechts wird vom Staat gefördert.
Kapitel 2
Betriebe, Städte und Gemeinden in der sozialistischen
Gesellschaft
Artikel 41
Die sozialistischen Betriebe, Städte, Gemeinden und
Gemeindeverbände sind im Rahmen der zentralen staatlichen
[Planung
und Leitung] (Leitung und Planung) eigenverantwortliche Gemeinschaften,
in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse
gestalten. Sie sichern die Wahrnehmung der Grundrechte der Bürger,
die wirksame Verbindung der persönlichen mit den gesellschaftlichen
Interessen sowie ein vielfältiges gesellschaftlich-politisches und
kulturell-geistiges Leben. Sie stehen unter dem Schutz der Verfassung.
Eingriffe in ihre Rechte können nur auf der Grundlage von Gesetzen
erfolgen.
Artikel 42
(1) Im Betrieb, dessen Tätigkeit die Grundlage für
die Schaffung und Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums ist, wirken
die Werktätigen unmittelbar und mit Hilfe ihrer gewählten Organe
an der Leitung mit. Näheres regeln Gesetze oder Statuten.
(2) Zur Erhöhung der gesellschaftlichen Produktivität
können von den staatlichen Organen, den Betrieben und Genossenschaften
Vereinigungen und Gesellschaften gebildet sowie andere Formen der kooperativen
Zusammenarbeit entwickelt werden
Artikel 43
(1) Die Städte, Gemeinden und Gemeindeverbände
der Deutschen Demokratischen Republik gestalten die notwendigen Bedingungen
für eine ständig bessere Befriedigung der materiellen, sozialen,
kulturellen und sonstigen gemeinsamen Bedürfnisse der Bürger.
Zur Lösung dieser Aufgaben arbeiten sie mit den Betrieben und Genossenschaften
ihres Gebietes zusammen. Alle Bürger nehmen daran durch die Ausübung
ihrer politischen Rechte teil.
(2) Die Verantwortung für die Verwirklichung der gesellschaftlichen
Funktion der Städte und Gemeinden obliegt den von den Bürgern
gewählten Volksvertretungen. Sie entscheiden eigenverantwortlich auf
der Grundlage der Gesetze über ihre Angelegenheiten. Sie tragen die
Verantwortung für die rationelle Nutzung aller Werte des Volksvermögens,
über die sie verfügen.
Kapitel 3
Die Gewerkschaften und ihre Rechte
Artikel 44
(1) Die freien Gewerkschaften, vereinigt im Freien Deutschen
Gewerkschaftsbund, sind die umfassende Klassenorganisation der Arbeiterklasse.
Sie nehmen die Interessen der Arbeiter, Angestellten und Angehörigen
der Intelligenz durch umfassende Mitbestimmung in Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft wahr.
(2) Die Gewerkschaften sind unabhängig. Niemand darf
sie in ihrer Tätigkeit einschränken oder behindern.
(3) Die Gewerkschaften nehmen durch die Tätigkeit ihrer
Organisationen und Organe, durch ihre Vertreter in den gewählten staatlichen
Machtorganen und durch ihre Vorschläge an die staatlichen und wirtschaftlichen
Organe maßgeblich teil
an der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft,
an der Leitung und Planung der Volkswirtschaft,
an der Verwirklichung der wissenschaftlich-technischen Revolution,
an der Entwicklung der Arbeits- und Lebensbedingungen, des
Gesundheits- und Arbeitsschutzes, der Arbeitskultur, des kulturellen und
sportlichen Lebens der Werktätigen.
Die Gewerkschaften arbeiten in den Betrieben und Institutionen
an der Ausarbeitung der Pläne mit [und sind in den Gesellschaftlichen
Räten der Vereinigten Volkseigenen Betriebe und in den Produktionskomitees
der Betriebe und Kombinate vertreten]. Sie [organisieren] (leiten)
die Ständigen Produktionsberatungen.
Artikel 45
(1) Die Gewerkschaften haben das Recht, über alle die
Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen betreffenden Fragen
mit staatlichen Organen, mit Betriebsleitungen und anderen wirtschaftsleitenden
Organen Vereinbarungen abzuschließen.
(2) Die Gewerkschaften nehmen aktiven Anteil an der Gestaltung
der sozialistischen Rechtsordnung. Sie besitzen das Recht der Gesetzesinitiative
sowie der gesellschaftlichen Kontrolle über die Wahrung der gesetzlich
garantierten Rechte der Werktätigen.
(3) Die Gewerkschaften leiten die Sozialversicherung der
Arbeiter und Angestellten auf der Grundlage der Selbstverwaltung der Versicherten.
Sie nehmen an der umfassenden materiellen und finanziellen Versorgung und
Betreuung der Bürger bei Krankheit, Arbeitsunfall, Invalidität
und im Alter teil.
(4) Alle Staatsorgane und Wirtschaftsleiter sind verpflichtet,
für eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften
Sorge zu tragen.
Kapitel 4
Die sozialistischen Produktionsgenossenschaften und ihre
Rechte
Artikel 46
(1) Die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften
sind die freiwilligen Vereinigungen der Bauern zur gemeinsamen sozialistischen
Produktion, zur ständig besseren Befriedigung ihrer materiellen und
kulturellen Bedürfnisse und zur Versorgung des Volkes und der Volkswirtschaft.
Sie gestalten auf der Grundlage der Gesetze eigenverantwortlich ihre Arbeits-
und Lebensbedingungen.
(2) Durch ihre Organisationen und ihre Vertreter in den Staatsorganen
nehmen die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften aktiv an der
staatlichen Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung teil.
(3) Der Staat hilft den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften,
die sozialistische Großproduktion auf der Grundlage fortgeschrittener
Wissenschaft und Technik zu entwickeln.
(4) Für die sozialistischen Produktionsgenossenschaften
der Fischer, der Gärtner und der Handwerker gelten die gleichen Grundsätze.
Abschnitt III
Aufbau und System der staatlichen Leitung
Artikel 47
(1) Der Aufbau und die Tätigkeit der staatlichen Organe
werden durch die in dieser Verfassung festgelegten Ziele und Aufgaben der
Staatsmacht bestimmt.
(2) Die Souveränität des werktätigen Volkes,
verwirklicht auf der Grundlage des demokratischen Zentralismus, ist das
tragende Prinzip des Staatsaufbaus.
Kapitel 1
Die Volkskammer
Artikel 48
(1) Die Volkskammer ist das oberste staatliche Machtorgan
der Deutschen Demokratischen Republik. Sie entscheidet in ihren Plenarsitzungen
über die Grundfragen der Staatspolitik.
(2) Die Volkskammer ist das einzige verfassungs- und gesetzgebende
Organ in der Deutschen Demokratischen Republik. Niemand kann ihre Rechte
einschränken.
Die Volkskammer verwirklicht in ihrer Tätigkeit den
Grundsatz der Einheit von Beschlußfassung und Durchführung.
Artikel 49
(1) Die Volkskammer bestimmt durch Gesetze und Beschlüsse
endgültig und für jedermann verbindlich die Ziele der Entwicklung
der Deutschen Demokratischen Republik.
(2) Die Volkskammer legt die Hauptregeln für das Zusammenwirken
der Bürger, Gemeinschaften und Staatsorgane sowie deren Aufgaben bei
der Durchführung der staatlichen Pläne der gesellschaftlichen
Entwicklung fest.
(3) Die Volkskammer gewährleistet die Verwirklichung
ihrer Gesetze und Beschlüsse. Sie bestimmt die Grundsätze der
Tätigkeit des Staatsrates, des Ministerrates, des Nationalen Verteidigungsrates,
des Obersten Gerichts und des Generalstaatsanwalts.
Artikel 50
Die Volkskammer wählt den Vorsitzenden und die Mitglieder
des Staatsrates, den Vorsitzenden und die Mitglieder des Ministerrates,
den Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates, den Präsidenten
und die Richter des Obersten Gerichts und den Generalstaatsanwalt. Sie
können jederzeit von der Volkskammer abberufen werden.
Artikel 51
Die Volkskammer bestätigt Staatsverträge der Deutschen
Demokratischen Republik und andere völkerrechtliche Verträge,
soweit durch sie Gesetze der Volkskammer geändert werden. Sie entscheidet
über die Kündigung dieser Verträge.
Artikel 52
Die Volkskammer beschließt über den Verteidigungszustand
der Deutschen Demokratischen Republik. Im Dringlichkeitsfalle ist der Staatsrat
berechtigt. Den Verteidigungszustand zu beschließen. Der Vorsitzende
des Staatsrates verkündet den Verteidigungszustand.
Artikel 53
Die Volkskammer kann die Durchführung von Volksabstimmungen
beschließen.
Artikel 54
Die Volkskammer besteht aus 500 Abgeordneten, die vom Volke
auf die Dauer von [4] (5) Jahren in freier, allgemeiner, gleicher
und geheimer Wahl gewählt werden.
Artikel 55
(1) Die Volkskammer wählt für die Dauer der Wahlperiode
ein Präsidium.
Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten der Volkskammer,
einem Stellvertreter des Präsidenten und weiteren Mitgliedern.
(2) [Dem Präsidium obliegt die Tagungsleitung der
Plenarsitzungen. Weitere Aufgaben regelt die Geschäftsordnung der
Volkskammer.] (Das Präsidium leitet die Arbeit der Volkskammer
gemäß ihrer Geschäftsordnung.)
Artikel 56
(1) Die Abgeordneten der Volkskammer erfüllen ihre verantwortungsvollen
Aufgaben im Interesse und zum Wohle des gesamten Volkes.
(2) Die Abgeordneten fördern die Mitwirkung der Bürger
an der Vorbereitung und Verwirklichung der Gesetze in Zusammenarbeit mit
den Ausschüssen der Nationalen Front [des demokratischen Deutschland]
(der Deutschen Demokratischen Republik), den gesellschaftlichen Organisationen
und den staatlichen Organen.
(3) Die Abgeordneten halten enge Verbindung zu ihren Wählern.
Sie sind verpflichtet, deren Vorschläge, Hinweise und Kritiken zu
beachten und für eine gewissenhafte Behandlung Sorge zu tragen.
(4) Die Abgeordneten erläutern den Bürgern die
Politik des sozialistischen Staates.
Artikel 57
(1) Die Abgeordneten der Volkskammer sind verpflichtet, regelmäßig
Sprechstunden und Aussprachen durchzuführen sowie den Wählern
über ihre Tätigkeit Rechenschaft zu legen.
(2) Ein Abgeordneter, der seine Pflichten gröblich verletzt,
kann von den Wählern gemäß dem gesetzlich festgelegten
Verfahren abberufen werden.
Artikel 58
Die Abgeordneten der Volkskammer haben das Recht, an den
Tagungen der örtlichen Volksvertretungen mit beratender Stimme teilzunehmen.
Artikel 59
Jeder Abgeordnete der Volkskammer hat das Recht, Anfragen
an den Ministerrat und jedes seiner Mitglieder zu richten.
Artikel 60
(1) Alle staatlichen und wirtschaftlichen Organe sind verpflichtet,
die Abgeordneten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
(2) Die Abgeordneten der Volkskammer besitzen die Rechte
der Immunität. Beschränkungen der persönlichen Freiheit,
Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen oder Strafverfolgungen sind gegen Abgeordnete
der Volkskammer nur mit Zustimmung der Volkskammer oder in der Zeit zwischen
ihren Tagungen mit Zustimmung des Staatsrates zulässig. Die Entscheidung
des Staatsrates bedarf der Bestätigung durch die Volkskammer.
Die Abgeordneten der Volkskammer sind berechtigt, über
Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete Tatsachen anvertrauen
oder denen sie in Ausübung ihrer Abgeordnetentätigkeit solche
Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst die
Aussage zu verweigern.
(3) Den Abgeordneten dürfen aus ihrer Abgeordnetentätigkeit
keinerlei berufliche oder sonstige persönliche Nachteile entstehen.
Sie sind von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt, soweit die
Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Abgeordnete es erfordert. Gehälter
und Löhne sind weiterzuzahlen.
Artikel 61
(1) Die Volkskammer bildet aus ihrer Mitte Ausschüsse.
Ihnen obliegt in enger Zusammenarbeit mit den Wählern die Beratung
von Gesetzentwürfen und die ständige Kontrolle der Durchführung
der Gesetze.
(2) Die Ausschüsse können die Anwesenheit der zuständigen
Minister und Leiter anderer staatlicher Organe in ihren Beratungen zum
Zwecke der Erteilung von Auskünften verlangen. Alle Staatsorgane sind
verpflichtet, den Ausschüssen die erforderlichen Informationen zu
erteilen.
(3) Die Ausschüsse haben das Recht, Fachleute zur ständigen
oder zeitweiligen Mitarbeit heranzuziehen.
Artikel 62
(1) Die Volkskammer tritt spätestens am 30.Tage nach
ihrer Wahl zusammen. Ihre erste Tagung wird vom Staatsrat einberufen.
((2) Die weiteren Tagungen der Volkskammer werden vom Präsidium
der Volkskammer einberufen.
(3) Das Präsidium der Volkskammer ist verpflichtet,
die Volkskammer einzuberufen, wenn die Volkskammer darüber Beschluß
gefaßt hat oder mindestens ein Drittel der Abgeordneten es verlangt.)
[2 ](4) Die Tagungen der Volkskammer sind öffentlich.
Auf Antrag von mindestens zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten kann
die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
Artikel 63
(1) Die Volkskammer ist beschlußfähig, wenn mehr
als die Hälfte der Abgeordneten anwesend ist.
(2) Die Volkskammer faßt ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.
Verfassungsändernde Gesetze sind beschlossen, wenn mindestens zwei
Drittel der gewählten Abgeordneten zustimmen.
Artikel 64
(1) Vor Ablauf der Wahlperiode findet eine Auflösung
der Volkskammer nur durch eigenen Beschluß statt.
(2) Ein solcher Beschluß bedarf der Zustimmung von
mindestens zwei Dritteln der gewählten Abgeordneten.
(3) Spätestens am 60. Tage nach Ablauf der Wahlperiode
oder am 45. Tage nach Auflösung der Volkskammer muß deren Neuwahl
stattfinden.
Artikel 65
(1) Das Recht zur Einbringung von Gesetzesvorlagen haben
die Abgeordneten der in der Volkskammer vertretenen Parteien und Massenorganisationen,
die Ausschüsse der Volkskammer, der Staatsrat, der Ministerrat und
der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund.
[2 In Vorbereitung der Tagungen der Volkskammer
behandelt der Staatsrat Gesetzesvorlagen und prüft deren Verfassungsmäßigkeit.]
[3](2) Die Ausschüsse der Volkskammer beraten die Gesetzesvorlagen
und legen ihre Auffassung dem Plenum der Volkskammer vor. [Sie werden
in ihrer Tätigkeit vom Staatsrat unterstützt.]
[4](3) Entwürfe grundlegender Gesetze werden
vor ihrer Verabschiedung der Bevölkerung zur Erörterung unterbreitet.
Die Ergebnisse der Volksdiskussion sind bei der endgültigen Fassung
auszuwerten.
[5](4) Die von der Volkskammer verabschiedeten Gesetze
werden vom Vorsitzenden des Staatsrates innerhalb eines Monats im Gesetzblatt
verkündet.
[6](5) Gesetze treten am 14. Tage nach ihrer Verkündung
in Kraft, soweit sie nichts anderes bestimmen.
Kapitel 2
Der Staatsrat
Artikel 66
(1) Der Staatsrat [erfüllt] (nimmt) als Organ
der Volkskammer [zwischen den Tagungen der Volkskammer alle grundsätzlichen
Aufgaben, die sich aus den Gesetzen und Beschlüssen der Volkskammer
ergeben.] (die Aufgaben wahr, die ihm durch die Verfassung sowie die
Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer übertragen sind.) Er ist
der Volkskammer für seine Tätigkeit verantwortlich. (Zur Durchführung
der ihm übertragenen Aufgaben faßt er Beschlüsse.)
(2) Der Staatsrat vertritt die Deutsche Demokratische Republik
völkerrechtlich. [Der Staatsrat entscheidet über den Abschluß
der Staatsverträge der Deutschen Demokratischen Republik. Sie werden
vom Vorsitzenden des Staatsrates ratifiziert. Der Staatsrat kündigt
Staatsverträge.] (Er ratifiziert und kündigt Staatsverträge
und andere völkerrechtliche Verträge für die die Ratifizierung
vorgesehen ist.)
Artikel 67
(1) Der Staatsrat besteht aus dem Vorsitzenden, seinen Stellvertretern,
den Mitgliedern und dem Sekretär.
(2) Der Vorsitzende, die Stellvertreter des Vorsitzenden,
die Mitglieder und der Sekretär des Staatsrates werden von der Volkskammer
auf ihrer ersten Tagung nach der Neuwahl auf die Dauer von [4] (5)
Jahren gewählt.
((3) Der Vorschlag für die Wahl des Vorsitzenden des
Staatsrates wird von der stärksten Fraktion der Volkskammer unterbreitet.)
[3](4) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer
setzt der Staatsrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen Staatsrates
durch die Volkskammer fort.
Artikel 68
Der Vorsitzende, die Stellvertreter des Vorsitzenden, die
Mitglieder und der Sekretär des Staatsrates leisten bei ihrem Amtsantritt
der Volkskammer folgenden Eid:
"Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des
Volkes der Deutschen Demokratischen Republik widmen, ihre Verfassung und
die Gesetze wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit
gegenüber jedermann üben werde."
Artikel 69
Der Vorsitzende leitet die Arbeit des Staatsrates. (Im Falle
seiner Verhinderung nimmt ein beauftragter Stellvertreter des Vorsitzenden
des Staatsrates diese Aufgabe wahr.)
Artikel 70
[1 Der Staatsrat behandelt Vorlagen an die Volkskammer
und veranlaßt ihre Beratung in den Ausschüssen der Volkskammer.
2 Auf Beschluß der Volkskammer oder aus eigener
Initiative beruft der Staatsrat die Tagungen der Volkskammer ein.
3 Der Staatsrat ist verpflichtet, die Volkskammer
jederzeit einzuberufen, wenn mindestens ein drittel der Abgeordneten es
verlangt.]
(Im Auftrage der Volkskammer unterstützt der Staatsrat
die örtlichen Volksvertretungen als Organe der einheitlichen sozialistischen
Staatsmacht, fördert deren demokratische Aktivität bei der Gestaltung
der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und nimmt Einfluß auf
die Wahrung sowie die ständige Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit
in der Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen.)
Artikel 71
([1 Der Staatsrat regelt die grundsätzlichen
Aufgaben, die sich aus den Gesetzen und Beschlüssen der Volkskammer
ergeben, durch Erlasse. Sie werden der Volkskammer zur Bestätigung
vorgelegt.
2 Erlasse und Beschlüsse des Staatsrates sind
rechtsverbindlich.
3 Der Staatsrat legt die Verfassung und die Gesetze
verbindlich aus, soweit dies nicht durch die Volkskammer selbst erfolgt.]
((1) Der Vorsitzende des Staatsrates ernennt die bevollmächtigten
Vertreter der Deutschen Demokratischen Republik in anderen Staaten und
beruft sie ab. Er nimmt Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben der bei
ihm akkreditierten Vertreter anderer Staaten entgegen.
(2) Der Staatsrat legt die militärischen Dienstgrade,
die diplomatischen Ränge und andere spezielle Titel fest.)
Artikel 72
Der Staatsrat schreibt die Wahlen zur Volkskammer und zu
den anderen Volksvertretungen aus.
Artikel 73
(1) Der Staatsrat faßt grundsätzliche Beschlüsse
zu Fragen der Verteidigung und Sicherheit des Landes. Er organisiert die
Landesverteidigung mit Hilfe des Nationalen Verteidigungsrates.
(2) Der Staatsrat beruft die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates.
Der Nationale Verteidigungsrat ist der Volkskammer und dem Staatsrat für
seine Tätigkeit verantwortlich.
Artikel 74
((1)) Der Staatsrat nimmt im Auftrage der Volkskammer die
ständige Aufsicht über die Verfassungsmäßigkeit und
Gesetzlichkeit der Tätigkeit des Obersten Gerichts und des Generalstaatsanwalts
wahr.
((2) Der Staatsrat übt das Amnestie- und Begnadigungsrecht
aus.)
Artikel 75
[1 Der Vorsitzende des Staatsrates ernennt die bevollmächtigten
Vertreter der Deutschen Demokratischen Republik in anderen Staaten und
beruft sie ab. Er nimmt Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben der bei
ihm akkreditierten Vertreter anderer Staaten entgegen.
2 Der Staatsrat legt die militärischen Dienstgrade,
die diplomatischen Ränge und andere spezielle Titel fest.]
(Der Staatsrat stiftet staatliche Orden, Auszeichnungen und
Ehrentitel, die von seinem Vorsitzenden verliehen werden.)
[Artikel 76
Der Staatsrat stiftet staatliche Orden, Auszeichnungen
und Ehrentitel, die von seinem Vorsitzenden verliehen werden.
Artikel 77
Der Staatsrat übt das Amnestie- und Begnadigungsrecht
aus.]
Kapitel 3
Der Ministerrat
Artikel [78](76)
(1) Der Ministerrat (ist als Organ der Volkskammer die Regierung
der Deutschen Demokratischen Republik. Er leitet)
[organisiert]
im Auftrage der Volkskammer (die einheitliche Durchführung der Staatspolitik
und organisiert) die Erfüllung der politischen, ökonomischen,
kulturellen und sozialen sowie der ihm übertragenen Verteidigungsaufgaben
[des sozialistischen Staates. Er ist ein kollektiv arbeitendes Organ].
(Für seine Tätigkeit ist er der Volkskammer verantwortlich und
rechenschaftspflichtig.)
(2) Der Ministerrat [arbeitet wissenschaftlich begründete
Prognosen aus, organisiert die Gestaltung des ökonomischen Systems
des Sozialismus und ] leitet die [planmäßige Entwicklung
der] Volkswirtschaft[.] (und die anderen gesellschaftlichen
Bereiche. Er sichert die planmäßige proportionale Entwicklung
der Volkswirtschaft, die harmonisch abgestimmte Gestaltung der gesellschaftlichen
Bereiche und Territorien sowie die Verwirklichung der sozialistischen ökonomischen
Integration.)
((3) Der Ministerrat leitet die Durchführung der Außenpolitik
der Deutschen Demokratischen Republik entsprechend den Grundsätzen
dieser Verfassung. Er vertieft die allseitige Zusammenarbeit mit der Union
der Sozialistischen Sowjetrepubliken und den anderen sozialistischen Staaten
und gewährleistet den aktiven Beitrag der Deutschen Demokratischen
Republik zur Stärkung der sozialistischen Staatengemeinschaft.)
((4) Der Ministerrat entscheidet entsprechend seiner Zuständigkeit
über den Abschluß und die Kündigung völkerrechtlicher
Verträge. Er bereitet Staatsverträge vor.)
Artikel [79](77)
[1] Der Ministerrat arbeitet
[auf der Grundlage der Gesetze und Beschlüsse der Volkskammer sowie
der Erlasse und Beschlüsse der des Staatsrates. Er erläßt
im Rahmen der Gesetze und Erlasse Verordnungen und faßt Beschlüsse.
(die
zu lösenden Aufgaben der staatlichen Innen- und Außenpolitik
aus und unterbreitet der Volkskammer Entwürfe von Gesetzen und Beschlüssen.)
(Artikel 78)
[2]((1)) Der Ministerrat leitet, koordiniert und kontrolliert
die Tätigkeit der Ministerien, der anderen zentralen Staatsorgane
und der Räte der Bezirke [entsprechend den Erkenntnissen der Organisationswissenschaft].
(Er fördert die Anwendung wissenschaftlicher Leitungsmethoden und
die Einbeziehung der Werktätigen in die Verwirklichung der Politik
des sozialistischen Staates. Er gewährleistet, daß die ihm unterstellten
staatlichen Organe, die wirtschaftsleitenden Organe, Kombinate, Betriebe
und Einrichtungen ihre Tätigkeit auf der Grundlage der Gesetze und
anderen Rechtsvorschriften ausüben.)
[3 Der Ministerrat entscheidet über den Abschluß
und die Kündigung völkerrechtlicher Verträge, die in seinem
Namen abgeschlossen werden.]
((2) Im Rahmen der Gesetze und Beschlüsse der
Volkskammer erläßt der Ministerrat Verordnungen und faßt
Beschlüsse.)
Artikel [80] (79)
((1) Der Ministerrat besteht aus dem Vorsitzenden des Ministerrates,
den Stellvertretern des Vorsitzenden und den Ministern.)
[1]((2)) Der Vorsitzende des Ministerrates wird [vom
Vorsitzenden des Staatsrates] (von der stärksten Fraktion) der
Volkskammer vorgeschlagen und von [ihr] (der Volkskammer) mit der
Bildung des Ministerrates beauftragt.
[2]((3)) Der Vorsitzende und die Mitglieder des Ministerrates
werden nach der Neuwahl der Volkskammer von ihr auf die Dauer von [4]
(5) Jahren gewählt.
[3]((4)) Der Vorsitzende und die Mitglieder des Ministerrates
werden vom Vorsitzenden des Staatsrates auf die Verfassung vereidigt.
[4 Der Ministerrat besteht aus dem Vorsitzenden
des Ministerrates, den Stellvertretern des Vorsitzenden und den Ministern.
Er wird vom Vorsitzenden des Ministerrates geleitet.]
(Artikel 80)
((1) Der Ministerrat ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
Für die Tätigkeit des Ministerrates tragen alle seine Mitglieder
die Verantwortung. Jeder Minister leitet verantwortlich das ihm übertragene
Aufgabengebiet.)
[5]((2)) Der Ministerrat bildet aus seiner Mitte
das Präsidium des Ministerrates.
[Es wird vom Vorsitzenden des
Ministerrates geleitet.]
((3) Der Vorsitzende des Ministerrates leitet den Ministerrat
und das Präsidium.)
[6 Jeder Minister leitet verantwortlich das
ihm übertragene Aufgabengebiet. Für die Tätigkeit
des Ministerrates tragen alle seine Mitglieder die Verantwortung.]
[7 Der Ministerrat ist der Volkskammer verantwortlich
und rechenschaftspflichtig.]
[8]((4)) Nach Ablauf der Wahlperiode der Volkskammer
setzt der Ministerrat seine Tätigkeit bis zur Wahl des neuen Ministerrates
durch die Volkskammer fort.
Kapitel 4
Die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe
Artikel 81
(1) Die örtlichen Volksvertretungen sind die von den
wahlberechtigten Bürgern gewählten Organe der Staatsmacht in
den Bezirken, Kreisen, Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen entscheiden auf
der Grundlage der Gesetze in eigener Verantwortung über alle Angelegenheiten,
die ihr Gebiet und seine Bürger betreffen. Sie organisieren die Mitwirkung
der Bürger an der Gestaltung des politischen, wirtschaftlichen, kulturellen
und sozialen Lebens und arbeiten mit den gesellschaftlichen Organisationen
der Werktätigen zusammen.
(3) Die Tätigkeit der örtlichen Volksvertretungen
ist darauf gerichtet,
das sozialistische Eigentum zu mehren und zu schützen,
die Arbeits- und Lebensbedingungen der Bürger ständig zu verbessern
und das gesellschaftliche und kulturelle Leben der Bürger und ihrer
Gemeinschaften zu fördern,
das sozialistische Staats- und Rechtsbewußtsein der
Bürger zu heben und die öffentliche Ordnung zu sichern, die sozialistische
Gesetzlichkeit zu festigen und die Rechte der Bürger zu wahren.
Artikel 82
(1) Die örtlichen Volksvertretungen fassen Beschlüsse,
die für ihre Organe und Einrichtungen sowie für die Volksvertretungen,
Gemeinschaften und Bürger ihres Gebietes verbindlich sind. Diese Beschlüsse
sind zu veröffentlichen.
(2) Die örtlichen Volksvertretungen haben eigene Einnahmen
und verfügen über ihre Verwendung.
Artikel 83
(1) Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung wählt jede örtliche
Volksvertretung ihren Rat und Kommissionen. Die Mitglieder des Rates sollen
nach Möglichkeit Abgeordnete sein. In die Kommissionen können
auch Mitglieder berufen werden die nicht Abgeordnete sind.
(2) Der Rat sichert die Entfaltung der Tätigkeit der
Volksvertretung und organisiert die Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung
in deren Verantwortungsbereich. Er ist der Volksvertretung für seine
gesamte Tätigkeit verantwortlich und dem übergeordneten Rat rechenschaftspflichtig.
Der Rat ist ein kollektiv arbeitendes Organ.
(3) Die Kommissionen organisieren die sachkundige Mitwirkung
der Bürger bei der Vorbereitung und Durchführung der Beschlüsse
der Volksvertretung. Sie kontrollieren die Durchführung der Gesetze
[Erlasse, Verordnungen] und (anderen Rechtsvorschriften sowie) der
Beschlüsse der Volksvertretung durch den Rat und dessen Fachorgane.
Artikel 84
Die örtlichen Volksvertretungen können zur gemeinsamen
Wahrnehmung ihrer Aufgaben Verbände bilden.
Artikel 85
Die Aufgaben und Befugnisse der örtlichen Volksvertretungen.
ihrer Abgeordneten, Kommissionen und ihrer Rechte in den Bezirken, Kreisen,
Städten, Stadtbezirken, Gemeinden und Gemeindeverbänden werden
durch Gesetz festgelegt.
Abschnitt IV
Sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtspflege
Artikel 86
Die sozialistische Gesellschaft, die politische Macht des
werktätigen Volkes, ihre Staats- und Rechtsordnung sind die grundlegende
Garantie für die Einhaltung und die Verwirklichung der Verfassung
im Geiste der Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderlichkeit und Menschlichkeit.
Artikel 87
Gesellschaft und Staat gewährleisten die Gesetzlichkeit
durch die Einbeziehung der Bürger und ihrer Gemeinschaften in die
Rechtspflege und in die gesellschaftliche und staatliche Kontrolle über
die Einhaltung des sozialistischen Rechts.
Artikel 88
Die Verantwortlichkeit aller leitenden Mitarbeiter in Staat
und Wirtschaft gegenüber den Bürgern ist durch ein System der
Rechenschaftspflicht gewährleistet.
Artikel 89
(1) Gesetze und andere allgemeinverbindliche Rechtsvorschriften
der Deutschen Demokratischen Republik werden im Gesetzblatt und anderweitig
veröffentlicht.
(2) Rechtsvorschriften der örtlichen Volksvertretungen
und ihrer Organe werden in geeigneter Form veröffentlicht.
(3) Rechtsvorschriften dürfen der Verfassung nicht widersprechen.
Über Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften
[des Ministerrates und anderer staatlicher Organe] entscheidet [der
Staatsrat] (die Volkskammer).
Artikel 90
(1) Die Rechtspflege dient der Durchführung der sozialistischen
Gesetzlichkeit, dem Schutz und der Entwicklung der Deutschen Demokratischen
Republik und ihrer Staats- und Gesellschaftsordnung. Sie schützt die
Freiheit, das friedliche Leben, die Rechte und die Würde der Menschen.
(2) Die Bekämpfung und Verhütung von Straftaten
und anderen Rechtsverletzungen sind gemeinsames Anliegen der sozialistischen
Gesellschaft, ihres Staates und aller Bürger.
(3) Die Teilnahme der Bürger an der Rechtspflege ist
gewährleistet. Sie wird im einzelnen durch Gesetz bestimmt.
Artikel 91
Die allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts über
die Bestrafung von Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit
und von Kriegsverbrechen sind unmittelbar geltendes Recht. Verbrechen dieser
Art unterliegen nicht der Verjährung.
Artikel 92
Die Rechtsprechung wird in der Deutschen Demokratischen Republik
durch das Oberste Gericht, die Bezirksgerichte, die Kreisgerichte und die
gesellschaftlichen Gerichte im Rahmen der ihnen durch Gesetz übertragenen
Aufgaben ausgeübt. In Militärstrafsachen üben das Oberste
Gericht, die Militärobergerichte und die Militärgerichte die
Rechtsprechung aus.
Artikel 93
(1) Das Oberste Gericht ist das höchste Organ der Rechtsprechung.
(2) Das Oberste Gericht leitet die Rechtsprechung der Gerichte
auf der Grundlage der Verfassung, der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften
der Deutschen Demokratischen Republik. Es sichert die einheitliche Rechtsanwendung
durch alle Gerichte.
(3) Das Oberste Gericht ist der Volkskammer und zwischen
ihren Tagungen dem Staatsrat verantwortlich.
Artikel 94
(1) Richter kann nur sein, wer dem Volk und seinem sozialistischen
Staat treu ergeben ist und über ein hohes Maß an Wissen und
Lebenserfahrung, an menschlicher Reife und Charakterfestigkeit verfügt.
(2) Die demokratische Wahl aller Richter, Schöffen und
Mitglieder gesellschaftlicher Gerichte gewährleistet, daß die
Rechtsprechung von Frauen und Männern aller Klassen und Schichten
des Volkes ausgeübt wird.
Artikel 95
Alle Richter, Schöffen und Mitglieder der gesellschaftlichen
Gerichte werden durch die Volksvertretungen oder unmittelbar durch die
Bürger gewählt. Sie erstatten ihren Wählern Bericht über
ihre Arbeit. Sie können von ihren Wählern abberufen werden, wenn
sie gegen die Verfassung oder die Gesetze verstoßen oder sonst ihre
Pflichten gröblich verletzen.
Artikel 96
(1) Die Richter, Schöffen und Mitglieder der gesellschaftlichen
Gerichte sind in ihrer Rechtsprechung unabhängig. Sie sind nur an
die Verfassung, die Gesetze und anderen Rechtsvorschriften der Deutschen
Demokratischen Republik gebunden.
(2) Die Schöffen üben die Funktion eines Richters
in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus.
Artikel 97
Zur Sicherung der sozialistischen Gesellschafts- und Staatsordnung
und der Rechte der Bürger wacht die Staatsanwaltschaft auf der Grundlage
der Gesetze und anderen Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen
Republik über die strikte Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit.
Sie schützt die Bürger vor Gesetzesverletzungen. Die Staatsanwaltschaft
leitet den Kampf gegen Straftaten und sichert, daß die Personen,
die Verbrechen oder Vergehen begangen haben, vor Gericht zur Verantwortung
gezogen werden.
Artikel 98
(1) Die Staatsanwaltschaft wird vom Generalstaatsanwalt geleitet.
(2) Dem Generalstaatsanwalt unterstehen die Staatsanwälte
der Bezirke und Kreise sowie die Militärstaatsanwälte.
(3) Die Staatsanwälte werden vom Generalstaatsanwalt
berufen und abberufen, sie sind ihm verantwortlich und an seine Weisungen
gebunden.
(4) Der Generalstaatsanwalt ist der Volkskammer und zwischen
ihren Tagungen dem Staatsrat verantwortlich.
Artikel 99
(1) Die strafrechtliche Verantwortlichkeit wird durch die
Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik bestimmt.
(2) Eine Tat zieht strafrechtliche Verantwortlichkeit nur
nach sich, wenn diese zur Zeit der Begehung der Tat gesetzlich festgelegt
ist, wenn der Täter schuldhaft gehandelt hat und die Schuld zweifelsfrei
nachgewiesen ist. Strafgesetze haben keine rückwirkende Kraft.
(3) Eine strafrechtliche Verfolgung ist nur in Übereinstimmung
mit den Strafgesetzen möglich.
(4) Die Rechte des Bürgers dürfen im Zusammenhang
mit einem Strafverfahren nur insoweit eingeschränkt werden, wie dies
gesetzlich zulässig und unumgänglich ist.
Artikel 100
(1) Über die Zulässigkeit von Untersuchungshaft
hat nur der Richter zu entscheiden. Verhaftete sind spätestens am
Tage nach ihrer Verhaftung dem Richter vorzuführen.
(2) Der Richter oder der Staatsanwalt haben im Rahmen ihrer
Verantwortung jederzeit zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Untersuchungshaft
noch vorliegen.
(3) Der Staatsanwalt hat nächste Angehörige des
Verhafteten innerhalb von 24 Stunden nach der ersten richterlichen Vernehmung
zu benachrichtigen.
Ausnahmen sind nur zulässig, wenn durch die Benachrichtigung
der Zweck der Untersuchung gefährdet wird. In diesen Fällen erfolgt
die Benachrichtigung nach Wegfall der Gefährdungsgründe.
Artikel 101
(1) Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
(2) Ausnahmegerichte sind unstatthaft.
Artikel 102
(1) Jeder Bürger hat das Recht, vor Gericht gehört
zu werden.
(2) Das Recht auf Verteidigung wird während des gesamten
Strafverfahrens gewährleistet.
Artikel l 03
(l) Jeder Bürger kann sich mit Eingaben (Vorschlägen,
Hinweisen, Anliegen oder Beschwerden) an die Volksvertretungen, ihre Abgeordneten
oder die staatlichen und wirtschaftlichen Organe wenden. Dieses Recht steht
auch den gesellschaftlichen Organisationen und den Gemeinschaften der Bürger
zu. Ihnen darf aus der Wahrnehmung dieses Rechts kein Nachteil entstehen.
(2) Die für die Entscheidung verantwortlichen Organe
sind verpflichtet, die Eingaben der Bürger oder der Gemeinschaften
innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist zu bearbeiten und den Antragstellern
das Ergebnis mitzuteilen.
((3) Das Verfahren der Bearbeitung der Eingaben wird durch
Gesetz bestimmt.)
Artikel 104
[1 Für Beschwerden gegen Entscheidungen zentraler
Organe des Ministerrates ist der Ministerrat zuständig.
2 Für Beschwerden gegen Leitungsentscheidungen
des Ministerrates, des Obersten Gerichts oder des Generalstaatsanwalts
ist der Staatsrat zuständig.
Artikel 105
[1 Für Beschwerden gegen Entscheidungen örtlicher
Staatsorgane ist der Leiter des Organs zuständig, welches die angefochtene
Entscheidung getroffen hat. Ändert der Leiter die Entscheidung nicht,
ist der Beschwerdeführer berechtigt, sich an den Beschwerdeausschuß
der zuständigen Volksvertretung zu wenden.
2 Die Aufgaben und Rechte der Beschwerdeausschüsse
werden durch Erlaß geregelt.
Artikel 106]
1) Für Schäden, die einem Bürger oder seinem
persönlichen Eigentum durch ungesetzliche Maßnahmen von Mitarbeitern
der Staatsorgane zugefügt werden, haftet das staatliche Organ, dessen
Mitarbeiter den Schaden verursacht hat.
(2) Voraussetzungen und Verfahren der Staatshaftung werden
durch Gesetz geregelt.
Abschnitt V
Schlußbestimmungen
Artikel [107] (105)
Die Verfassung ist unmittelbar geltendes Recht.
Artikel [108] (106)
Die Verfassung kann nur von der Volkskammer der Deutschen
Demokratischen Republik durch Gesetz geändert werden, das den Wortlaut
der Verfassung ausdrücklich ändert oder ergänzt.